Hey Leute! Wir müssen reden! - Warum das Projekt „Vielfalt geht“ wichtig ist.

Von Michael, 24. Februar 2025

Die einen reden über die Schönheit von Vielfalt, davon, dass es okay ist verschieden zu sein und darüber, dass das Leben erst durch unsere unterschiedlichen Zugehörigkeiten schön wird. Egal welcher Religion ich angehöre (oder keiner), egal wie ich aussehe, egal wo ich lebe und wie ich meine (sub-)kulturellen Einflüsse lebe – ich darf sein und gehöre zu dieser Gesellschaft. Schön, wenn Körpermerkmale, sexuelle Orientierungen, Kleidungsstil, Sprachen oder Dialekte, mein Kontostand und mein Wohnort keine, jedenfalls keine diskriminierende, Rolle spielen. 

Auf der anderen Seite ziehen Menschen die Mauern hoch oder heben Gräben aus, wenn sie einen Menschen als „fremd“, „besonders“ oder „anders“ (als sie es kennen), wahrnehmen. Das passiert in der Nachbarschaft, im Schulalltag und auch im Jugendhaus. Wenn die einen kommen, bleiben die anderen weg. „Mit denen, will ich nichts zu tun haben!“, heißt es dann. „Die sind so anders.“, ist noch eine neutrale Bezeichnung. Oft geht das „Gräben ziehen“ mit Beschimpfungen und psychischer oder sogar physischer Gewalt einher. Es scheint doch nicht immer und überall Raum für alle zu sein. Am Ende bleiben alle mit Verletzungen und Misstrauen zurück.

Dieses „Othering“ genannte Andersmachen der Anderen, die scheinbar nicht zur eigenen Gruppe gehören, wollen wir mit unserem Projekt hinterfragen, Mauern abbauen, Begegnungsmöglichkeiten schaffen und wenn möglich mit dazu beitragen, dass aus dem Anderen - dem alle möglichen negativen Eigenschaften zugeschrieben werden - vielleicht besonders die Eigenschaften, die ich an mir nicht mag oder die mir Angst machen – Mitmenschen oder im besten Falle Freunde werden. 

Was wäre, wenn wir auch im Jugendzentrum und in unserer Nachbarschaft, eine Willkommenskultur schaffen? Das klingt sehr groß, beginnt aber ganz klein, z.B. damit, dass ich meine eigenen Vorurteile reflektiere. Wo kommen die her, wer hat mich darin bestärkt und wozu dienen sie mir? Hat Ablehnung insbesondere auch damit zu tun, dass mich Anderssein in Frage stellt, mir scheinbar meinen (Entwicklungs-)Raum nimmt? Was wäre, wenn ich mehr von dem anderen, einem Menschen, der im Rolli sitzt, einem Geflüchteten mit seiner oft dramatischen, aber möglicherweise auch spannenden Lebensgeschichte, von einer Trans*person, einer Person, der ich ihr Geschlecht nicht gleich an der Nasenspitze ansehe, erfahre? Dazu gehört eine Prise Neugier und manchmal auch etwas Mut. Denn, wenn ich auf Menschen zugehe, die von meinen Freund*innen ausgelacht werden, dann wird es möglicherweise auch für mich gefährlich. Ich könnte ähnliche Sprüche hören oder selbst ausgegrenzt werden. Das Risiko besteht, aber ich könnte auch ganz neue und schöne Lernerfahrungen machen und daran wachsen, ein starker selbstbestimmter Mensch werden, der respektvoll mit sich und anderen umgeht. 

„Vielfalt geht – Ein Mitmachprojekt für junge Menschen mit und ohne Behinderung“ dient genau diesen Anliegen. Es soll dazu beitragen, zu verstehen, dass wir selbst vielfältig sind und dass es in Ordnung ist, anders zu sein, als die Anderen. Eigentlich ist jeder Mensch anders, nämlich einzigartig und ich für meinen Teil lerne ich mehr von Menschen, die mich selbst nicht ständig bestätigen, sondern in Frage stellen, im guten Sinn herausfordern, meine Grenzen weiter zu setzen und meine Schatten anzusehen. Dann wächst mein Leben weit über enge Pläne und Vorgaben hinaus. Darauf, welche Kraft und Lebendigkeit unser Projekt entfalten wird, bin ich sehr gespannt.

"Wir müssen deutlich erkennen, dass wir viele Zugehörigkeiten haben und auf sehr viele unterschiedliche Weisen miteinander umgehen können." 

Amartya Sen

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